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Übergangscoach Rheinland-Pfalz – junge Menschen individuell oder in Gruppen begleiten

Junge Menschen bei der Berufswahlvorbereitung begleiten – individuell oder in Gruppen: Das Förderprojekt Übergangscoach in Rheinland-Pfalz ermöglicht beides. Neben einer persönlichen Betreuung gibt es Angebote zu berufsrelevanten Themen, die in Gruppenarbeit erarbeitet werden. Eine hohe Übergangsquote in Ausbildung zeichnet das Projekt aus.    

Übergangscoach im Gespräch mit zwei Jugendlichen
Silvia Scheben, Übergangscoach in Jünkerath © BIBB/berlin-event-foto.de/Jürgen Schulzki

Die Übergangscoaches unterstützen Schülerinnen und Schüler ab der achten und neunten Klasse auf dem Weg zur Berufsreife. Die jungen Menschen sollen den Schulabschluss erreichen, eine Berufswahl treffen und einen passenden Ausbildungsplatz finden. Landesweit sind 78 Coaches an 121 allgemeinbildenden Schulen im Einsatz. Und das mit Erfolg – die Übergangsquote in Ausbildung lag 2022 bei rund 30 Prozent. Das Bildungsministerium Rheinland-Pfalz konzipiert und fördert das Projekt seit 2019.

Ausbildung unterstützt selbstbestimmtes Leben

Silvia Scheben arbeitet als Übergangscoach bei der Beratungs- und Qualifizierungsgesellschaft des Handwerks (BQH) Trier, einer Tochtergesellschaft der Handwerkskammer (HWK) Tier. Die 59-jährige Sozialpädagogin ist für zwei Schulen im Landkreis Vulkaneifel zuständig. Pro Klasse betreut sie rund fünf bis zehn Schülerinnen und Schüler. Die Teilnahme ist freiwillig. In der Regel schlagen die Lehrkräfte junge Menschen vor, die Unterstützung benötigen. Die Begleitung beginnt in der Vorentlassklasse und läuft weiter bis ins erste Ausbildungsjahr – bei Bedarf bis zu sechs Monate. „Eine Berufsausbildung ist wichtig für ein selbstbestimmtes Leben. Das ist unsere zentrale Botschaft an die jungen Menschen“, sagt Scheben.

In Rheinland-Pfalz erarbeiten die Schülerinnen und Schüler an den Schulen ab der siebten Klasse systematisch ihr Profil mit überfachlichen Schlüsselkompetenzen sowie persönlichen Interessen mithilfe der landeseigenen Potenzialanalyse Profil AC. Die Übergangscoaches stützen sich bei der Beratung auf die festgestellten Kompetenzen. Dabei erörtern sie mit den Schülerinnen und Schülern, in welchem Berufsfeld ein Praktikum interessant und zielführend sein könnte. Auch mögliche regionale Ausbildungsbetriebe werden konkret in den Blick genommen.

Praxistag gibt Einblick in Betrieb

Mit dem Praxistag steht in der neunten Klasse ein längeres Praktikum auf dem Programm: Die jungen Menschen absolvieren für maximal ein Jahr einen Praxistag in der Woche in einem Betrieb, einer sozialen Einrichtung oder der öffentlichen Verwaltung. „Als Übergangscoaches kennen wir viele Unternehmen persönlich und können einen passenden Praktikums- und Ausbildungsbetrieb vermitteln“, so Scheben. Dabei sind die Übergangscoaches mit den Lehrkräften der Schule, den Fachkräften der Berufsberatung und den Eltern im ständigen Austausch. Eine gute Zusammenarbeit besteht auch mit der Handwerks- sowie der Industrie- und Handelskammer.

Wenn nach dem Abschluss der Schule Jugendliche in eine Ausbildung starten, geht die Unterstützung durch die Übergangscoaches weiter. „In den ersten sechs Monaten des ersten Lehrjahres ist es besonders wichtig, eine vertraute Ansprechperson zu haben“, erklärt Sven Kronewirth, Geschäftsführer bei der BQH. Einige Auszubildende benötigen zum Beispiel Hilfestellung, um die Berufsschule zu bewältigen oder das Berichtsheft zu pflegen. Mit einem Telefongespräch lassen sich die meisten Fragen klären.

Workshops zum Thema Wunschberuf, Bewerbung und Medienkompetenz

Neben der kontinuierlichen persönlichen Beratung besteht die Möglichkeit, die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler als Gruppe in Workshops zu informieren und zu coachen. Etwa zu der Frage, welche Zugangsvoraussetzungen für den anvisierten Wunschberuf gelten. Aufgezeigt werden zum Beispiel Informationsangebote der Berufsberatung und der Kammern, bei denen die gesuchten Angaben zu finden sind. Des Weiteren sollen sich die Jugendlichen mit ihrem Kompetenzprofil befassen, indem sie ihre Stärken und Interessen mit den Anforderungen des Wunschberufes abgleichen.

In einem anderen Workshop werden Tipps erarbeitet, die bei einer Bewerbung für ein Praktikum oder eine Ausbildung zu beachten sind. Anschreiben und Lebenslauf schauen sich die Übergangscoaches individuell an. In Kleingruppen können sich die Schülerinnen und Schüler zu dem Thema austauschen. „Dadurch erkennen sie, dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sind und sich untereinander helfen können“, erklärt Kronewirth.

Wie digitale Medien funktionieren, erlernen die Schülerinnen und Schüler in einem Workshop zum Thema Medienkompetenz. Vermittelt werden Grundkenntnisse im Umgang mit gängigen Software-Anwendungen wie Programmen zur Textverarbeitung, die in der Arbeitswelt zum Einsatz kommen. Zudem gibt es einen Überblick, wie sich digitale Angebote zur Beruflichen Orientierung nutzen lassen und wie in Jobbörsen freie Ausbildungsplätze gefunden werden können. In weiteren Workshops werden individuelle schulische, personale, methodische und sozial-kommunikative Kompetenzen erarbeitet und die jungen Menschen somit für ihre Berufswahl „fit“ gemacht.

Erklärvideos in der Gruppenarbeit einsetzen

„Videoplattformen wie YouTube sind eine interessante Quelle, da dort viele ausbildungsrelevante Themen zu sehen sind“, so Scheben. In der Gruppenarbeit lassen sich Videos gut einsetzen, um komplexe Sachverhalte anschaulich zu erklären. Die Workshops knüpfen auch an die Praxis an. So können die Jugendlichen ihre Erfahrungen aus dem Praktikum in einer Präsentation vorstellen. Davon profitiert die gesamte Gruppe, da der Blick auf verschiedene Berufe erweitert wird.

Breites Angebot an digitalen Medien

„Digitale Medien spielen bei der Begleitung junger Menschen eine wichtige Rolle“, sagt Beate Wegmann vom Bildungsministerium Rheinland-Pfalz. So bietet die vom Land entwickelte App „Zukunft läuft“ die Möglichkeit, einen ersten berufsfeldbezogenen Interessen-Check zu machen. Auch die Vor- und Nachbereitung von Praktika lässt sich mit der App organisieren. Berufenavi.de – entwickelt auf Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) – ist eine Navigationshilfe durch die vielfältigen Angebote zur Beruflichen Orientierung im Netz. Mit wenigen Klicks gelangen die jungen Menschen auf Webseiten, die Informationen zu passenden Berufen enthalten. Und mit dem „Berufe-Checker Handwerk“ lassen sich handwerkliche Ausbildungsberufe entdecken.

Die Übergangscoaches haben die Aufgabe, junge Menschen im Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen. „Das Angebot ist sehr breit. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung beschleunigt. Aber viele Werkzeuge erklären sich nicht von selbst“, gibt Kronewirth zu bedenken. „Es braucht jemanden wie die Übergangscoaches, die individuell durch das Angebotsspektrum begleiten.“

Erfahrungslernen fördert selbstständiges Handeln

Die größten Lerneffekte lassen sich erzielen, indem Schülerinnen und Schüler nach einer Einführung die digitalen Medien selbst ausprobieren, zum Beispiel am Smartphone oder Computer. „Dieses Erfahrungslernen ist die nachhaltigste Lernform, damit etwas dauerhaft im Gedächtnis hängen bleibt“, ergänzt Wegmann. Das gilt auch für andere Aufgaben, die auf dem Weg zur Berufsreife anstehen.

Ein Beispiel hierfür ist das Thema Bewerbungen: Die Übergangscoaches stellen eine Vorlage für Bewerbungsunterlagen zur Verfügung, die gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern bearbeitet wird. „Dabei nehmen wir ihnen diese Aufgabe nicht grundsätzlich ab, sondern motivieren sie, selbstständig zu handeln“, sagt Scheben. „Die Coaches vermitteln Wissen und Methodik – die Schülerinnen und Schüler wenden es selbst an“, fasst Wegmann zusammen.

Vorschlag für technische Ausstattung

Um Aufgaben online bearbeiten zu können, sind ein Smartphone, Tablet oder Computer sowie ein stabiler Internetanschluss erforderlich. In einem ländlich geprägten Raum wie der Vulkaneifel sind diese Voraussetzungen nicht überall erfüllt. Zudem ist ein Smartphone nur bedingt geeignet, um damit umfangreichere Texte zu verfassen. Deshalb hat Wegmann einen Vorschlag, wie die technische Ausstattung künftig aussehen sollte: ein Gerät mit großem Bildschirm und großer Tastatur, ein guter WLAN-Anschluss und ausreichend Speicherkapazitäten. „Das wäre das optimale Equipment, um die Medienkompetenz der jungen Menschen weiter zu stärken“, sagt Wegmann.

Vertrauen und gute Erreichbarkeit  

Damit eine individuelle Begleitung gelingen kann, braucht es eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zwischen Übergangscoaches und jungen Menschen. Diese lässt sich leichter aufbauen, wenn die Coaches bereits längere Zeit an einer Schule beschäftigt und bekannt sind. Die Kontaktaufnahme zu ihnen sollte so einfach wie möglich sein. Dafür sind pro Jahr zwischen 40 und 120 Präsenztage an einer Schule vor Ort eingeplant, an denen die Coaches gut zu erreichen sein sollten. Zudem unterstützen sie Lehrkräfte bei der Beruflichen Orientierung. „Dementsprechend intensiv gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Lehrerinnen und Lehrern“, so Scheben.

Hohe Übergangsquote in Ausbildung

Landesweit lag im Jahr 2022 die Übergangsquote in Ausbildung bei 30 Prozent der Teilnehmenden in der neunten Klasse. „Das ist ein sehr großer Erfolg. Er zeigt, dass die jungen Menschen die Reife und den Wunsch haben, ins Berufsleben zu starten. Ohne die Unterstützung der Übergangscoaches würden einige dieser jungen Menschen zunächst in Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen gehen“, erklärt Wegmann. Somit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag, um den Fachkräftemangel einzudämmen.

Der Bedarf für eine individuelle Begleitung ist hoch – darüber sind sich alle Beteiligten einig. Die regionale Unterstützung lässt sich noch weiter ausbauen. Wegmann: „Das ist unsere Priorität und sollte auch bei den politischen Verantwortlichen vor Ort so sein. Diese jungen Leute in eine Ausbildung zu bringen, ermöglicht bedarfsgerecht Fachkräfte für die Region zu gewinnen. Die Übergangscoaches sind diejenigen, die die Schülerinnen und Schüler zum Start in die Ausbildung bewegen.“

Links

Landesprojekt Übergangscoach Rheinland-Pfalz

„zukunft läuft“ – App zur Erkundung beruflicher Interessen

"Berufe-Checker Handwerk"

Berufenavi.de – digitaler Kompass zur Beruflichen Orientierung