Verzahnte Orientierungsangebote zur beruflichen und akademischen Ausbildung: Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung zum Modellvorhaben "VerOnika" : Datum: Ort: {0} Ort: Berlin, Darmstadt, Karlsruhe
Nach dem Schulabschluss fällt es vielen Hochschulzugangsberechtigten schwer sich für einen Bildungsweg zu entscheiden. Das Modellvorhaben „VerOnika“ bietet diesen jungen Menschen authentische Einblicke in ein Hochschulstudium und zugleich in eine berufliche Ausbildung.
Meistens wird davon ausgegangen, dass nach dem Abitur ein Studium folgt. Abbruch- bzw. Vertragslösungsquoten von über 20 Prozent sowohl in der hochschulischen als auch in der beruflichen Bildung zeigen, dass nicht jede Entscheidung richtig ist.
Vor diesem Hintergrund entwickelten die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin sowie die Handwerkskammer Berlin die Idee der verzahnten Orientierungsangebote, durch welche Hochschulzugangsberechtigte mehrere Monate lang neben Studiengängen auch berufliche Ausbildungen kennenlernen können. In dem Modellvorhaben „VerOnika", das das Bundesministerium für Bildung und Forschung von Dezember 2019 bis September 2023 gefördert hat, wurde das Orientierungsangebot mit unterschiedlichen fachlichen Ausrichtungen in Berlin, Karlsruhe und Darmstadt entwickelt und erprobt.
- In Berlin haben die HTW Berlin sowie die Handwerkskammer Berlin das „O ja! Orientierungsjahr“ entwickelt und erprobt. Das einjährige Programm bezieht sich auf akademische und berufliche Bildungs- und Berufswege aus den Bereichen Umwelt, Energie, Technik und Digitalisierung.
- In Karlsruhe bieten die Hochschule Karlsruhe und die Industrie- und Handelskammer Karlsruhe das „Orientierungssemester TWIN!“ an. Teilnehmende können in einem halben Jahr akademische und berufliche Bildungs- und Berufswege der Elektrotechnik, der Mechatronik sowie des Maschinenbaus kennenlernen.
- In Darmstadt kooperiert die Hochschule Darmstadt mit regionalen Wohlfahrtsverbänden, um das „Darmstädter Orientierungsjahr für soziale Berufe – DasDoris!“ zu erproben. Das Programm dauert für die Teilnehmenden ein Jahr.
Wissenschaftlich begleitet wurde „VerOnika“ durch das Lehrgebiet Lebenslanges Lernen der FernUniversität in Hagen. Eine Publikation fasst die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Begleitung zusammen. Ziele waren unter anderem, die Entwicklung und Erprobung der verzahnten Orientierungsangebote zu unterstützen sowie Handlungsempfehlungen für Orientierungsangebote an der Schnittstelle zwischen beruflicher und akademischer Bildung aufzuzeigen.
Gemeinsamkeiten der „VerOnika“-Orientierungsangebote
Die Orientierungsprogramme haben an allen Standorten folgende Charakteristika: Voraussetzung für eine Teilnahme ist eine Hochschulzugangsberechtigung. Alle Teilnehmenden erhalten den Status von Studierenden, um in der Übergangsphase einen sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Status zu erhalten.
Lernorte sind einerseits die Campusstandorte der beteiligten Hochschulen, andererseits Bildungseinrichtungen der beruflichen Bildung wie Berufsschulen, Bildungszentren der Kammern oder Akademien/Fachschulen. Ergänzend sind Praxisphasen in Unternehmen (bei „O ja!“ und „TWIN!“) bzw. in sozialen Einrichtungen (bei „DasDoris!“) vorgesehen.
Alle Programme werden in Vollzeit angeboten. Wesentlich sind Lerninhalte zur Erkundung und Erfassung der eigenen Interessen, Kompetenzen und Ziele, praktische Erfahrungen in ausgewählten beruflichen Tätigkeitsfeldern, überfachliche Berufsfelderkundungen sowie grundlegende Informationen zu verschiedenen Bildungs- und Berufswegen.
Die Teilnehmenden erhalten zum Abschluss des Programms eine Teilnahmebescheinigung / ein Zertifikat, das gemeinsam von den Kooperationspartnern der hochschulischen sowie der beruflichen Bildung ausgestellt wird.
Handlungsempfehlungen für die Gestaltung verzahnter Orientierungsprogramme
Auf individueller Ebene ist Freiwilligkeit, intrinsische Motivation sowie Offenheit gegenüber verschiedenen nachschulischen Bildungswegen grundlegend für eine zielführende Teilnahme. Empfohlen wird eine verbindliche Teilnahme an den Veranstaltungen, damit die jungen Menschen nicht nur selektiv die von ihnen präferierten Angebote wahrnehmen.
Bei der Konzeption eines Orientierungsprogramms sollten Praxiserfahrungen in verschiedenen beruflichen Tätigkeitsfeldern und authentische Lernerfahrungen in verschiedenen Bildungseinrichtungen verbunden werden mit dem Kennenlernen der eigenen Fähigkeiten, Werte und Interessen. Des Weiteren ist ein begleitendes Beratungs- und Coaching-Angebot zu berücksichtigen, das bei der Reflexion der Erfahrungen und erlangten Erkenntnisse unterstützt. Bei der Planung und Festsetzung eines Start- und Endzeitpunktes der Orientierungsprogramme ist zu berücksichtigen, wo die Teilnehmenden zurzeit stehen, ob sie beispielsweise nur „Leerzeiten“ überbrücken wollen oder ob tatsächlich Orientierungsbedarf besteht.
Gute Kooperation ist wesentlich für das Gelingen des Programms. Die beteiligten Akteurinnen und Akteure sollten bereit sein aufeinander zuzugehen und Verständnis füreinander haben. Zudem sollten sie ein gemeinsames Ziel entwickeln, das an den Teilnehmenden ausgerichtet ist. Es empfiehlt sich insbesondere anfangs bildungssystemspezifische und/oder institutionenspezifische Begrifflichkeiten/Formulierungen, Gestaltungs- und Handlungslogiken sowie Entscheidungswege abzustimmen.
Vorhandene Informationsportale/-angebote zur Beruflichen Orientierung sollten weiterentwickelt und die strikte Trennung zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung aufgehoben werden. Empfohlen wird ein zentrales, bildungsbereichsübergreifendes Informationsangebot, das von individuellen Interessen, Neigungen und Fähigkeiten ausgeht und über verschiedene Bildungswege und Berufsfelder informiert.
Die Möglichkeiten der reziproken Durchlässigkeit sollten stärker beworben und ihre Umsetzung stärker unterstützt werden. So könnte jungen Menschen, die glauben, dass sie sich mit der Berufswahl für ihr gesamtes Berufsleben festlegen müssen, die Entscheidungsfindung erleichtert werden.
Die Teilnahme sollte unabhängig von der finanziellen Unterstützung der Eltern möglich sein. Ein Vorbild hierfür könnten die Freiwilligendienste sein.
Das Orientierungsprogramm sollte einen offiziellen Status haben, der von potentiellen Arbeitgebern, Eltern, Freunden etc. anerkannt wird und im Lebenslauf aufgeführt werden kann.
Erfolge des Modellvorhabens „VerOnika“
In den letzten Wochen vor dem Ende des Orientierungsprogramms „VerOnika“ hatten über 87 Prozent der befragten Teilnehmenden eine feste Entscheidung bezüglich des Bildungsweges getroffen. Fast 70 Prozent der Befragten hatten bis zum Befragungszeitpunkt einen Ausbildungs-/Studienplatz entsprechend ihren Interessen und Fähigkeiten gefunden.
Die befragten Teilnehmende sehen die Orientierungsprogramme des VerOnika-Verbundes als offiziell anerkannten, „legitimen“ Weg, um mehr über die eigenen Interessen, Neigungen und Fähigkeiten sowie über passende Bildungswege zu erfahren.
Mit „VerOnika up!“ konnte im Oktober 2023 die zweite Projektphase starten, die bis Dezember 2026 läuft. Die Schwerpunkte liegen auf der Erhöhung der Diversität der Teilnehmenden sowie der wertesensiblen Orientierung im Hinblick auf die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Ausbildung.
Links
VerOnika: Verzahnte Orientierungsangebote zur beruflichen und akademischen Ausbildung
O ja! – Orientierungsjahr Ausbildung und Studium, Teil des Verbundvorhabens VerOnika in Berlin
TWIN!, Teil des Verbundvorhabens VerOnika in Karlsruhe